Redebeitrag I „Gemeinsam gegen den Rechtsruck in Europa“

Die heute hier auf dem Neumarkt stattfindende und von den Fremdenfeinden von Thügida organisierte Demonstration steht unter dem Motto „Pro Marine Le Pen“ und nimmt Bezug auf die morgen in Frankreich stattfindende Präsidentschaftswahl. Momentane Umfragen deuten auf einen Wahlsieg ihres Gegners Macron hin, was die Situation aber nur unwesentlich besser macht, da dieser mit einem neoliberalen Programm des Sozialabbaus in den Wahlkampf gezogen ist. Mit dem Anspruch Reformen nach dem Vorbild Agenda 2010, welche schon in Deutschland zu krassen sozialen Verwerfungen geführt hat, einzuführen stehen die Menschen in Frankreich gerade vor der Wahl zwischen Pest und Cholera.
Dass ein neoliberaler Sozialabbauer und eine Faschistin die Optionen sind, zwischen denen man sich in Frankreich am kommenden Tag entscheiden muss, zeigt, wie weit wir in Europa im Moment von einer emanzipatorischen Politik entfernt sind. Und genau deshalb ist es wichtig und toll, dass wir heute hier gemeinsam ein Zeichen für echte Alternativen setzen.
Der Front National wurde 1972 von Marine Le Peans Vater Jean-Marie Le Pen gegründet und war seit seiner Gründung eine Partei, welche am rechten, nationalistischen Rand fischte. Mit Programmpunkten wie „Frankreich zuerst“, dem Geschwafel von einer französischen Identität und dem Hetzen gegen geflüchtete Menschen reiht sich der Front National nahtlos in die Standardthemen der europäischen Rechtspopulist*innen ein. Der Front National ist allerdings keine 08/15 rechte Partei à la AfD & Co. Denn im Gegensatz zu den häufig wirtschaftsliberal eingestellten Schwesternparteien hat sich die französische Partei auch eine angeblich antikapitalistische Systemkritik zu eigen gemacht. Diese entlehnt sich sowohl konservativ-rechten, als auch zum Teil linken Elementen und vermischt diese zu einer verkürzten Kapitalismus-Analyse. Es wird ein Protektionismus propagiert, der der „guten“ französischen Wirtschaft, „ausländische Heuschrecken“ entgegenstellt. Verschwörungstheorien wie diese, die zwischen raffenden und schaffendem Kapital unterscheiden, befeuern antisemitische Klischees, welche in der französischen Gesellschaft ohnehin schon tief verwurzelt sind.

Ein Beispiel hierfür ist die von Mariene Le Pen verbreitete Behauptung, die das die US-amerikanisch-jüdische Organisation B’nai B’rith durch ihren „Druck“ schuld sei, dass die konservativ-liberalen Rechtsparteien Frankreichs sich nicht mit dem FN verbünden würden. Aussagen wie diese sind es, die den Front National so gefährlich machen. Denn hier wird berechtige Wut über die Widersprüche im herrschenden System auf ein einfaches Feindbild projiziert und so Ressentiments geschürt. An dieser Stelle auch nochmal an die Rassist*innen und Antisemit*innen von Thügida, Endgame und Co. Welche sich diese verkürzte Analyse zu eigen gemacht haben: Wir werden immer da sein und eurer Menschenverachtung tatsächliche Alternativen, einen tatsächlichen Antikapitalismus entgegenstellen. Denn Antikapitalismus ist und bleibt antifaschistisch. Und eine Gesellschaft frei von ökonomischen Zwängen und Widersprüchen kann es nur geben, wenn sie diese für alle Menschen, unabhängig von Nationalität, Hautfarbe, Religion, Geschlecht und sexueller Orientierung ermöglicht.
Zum Abschluss noch ein paar Worte zur EU-Kritik des Front National, welche wir bewusst bis zum Ende dieses Redebeitrags nicht angesprochen haben. Auch wir lehnen die Europäische Union in ihrer Gänze ab. Wir brauchen weder eine nationale, noch eine europäische Identität. Denn identitäre Kackscheisze ist und bleibt identitäre Kackscheisze egal worauf sich das identitätsstiftende Moment bezieht. Und die EU ist nichts worauf wir uns in irgendeiner Art und Weise positiv beziehen möchten. Ein Konstrukt, welches innerhalb und außerhalb seiner Grenzen für die Verelendung von Menschen sorgt und wirtschaftliche Interessen grundsätzlich vor humanistische Grundwerte stellt ist nicht besser oder schlechter als ein bürgerlicher Nationalstaat.
Wir möchten weder, dass an den Grenzen von Nationalstaaten, noch an denen der EU Menschen sterben. Wir möchten weder, dass die Menschen in den europäischen Lagern auf Lesbos und Co, noch in deutschen Abschiebeknästen eingesperrt werden.
Wir möchten eine emanzipatorische Gesellschaft, jenseits von Staat und EU, in der wir unser Zusammenleben gemeinsam mit allen Menschen solidarisch organisieren können. Das wäre eine wirkliche Alternative!


Europe, Frontex and Police, Stop killing Refugees!

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