Redebeitrag CoA Abschiebeknäste 17.05.2017
Redebeitrag II „Gemeinsam gegen den Rechtsruck in Europa“
Gleichberechtigung über die Behauptung zu diskreditieren, dass die Wurzeln desselbigen imMarxismus und Neomarxismus lägen. Dieser Antikommunismus macht sich auch in der polnischen
Redebeitrag I „Gemeinsam gegen den Rechtsruck in Europa“
Die heute hier auf dem Neumarkt stattfindende und von den Fremdenfeinden von Thügida organisierte Demonstration steht unter dem Motto „Pro Marine Le Pen“ und nimmt Bezug auf die morgen in Frankreich stattfindende Präsidentschaftswahl. Momentane Umfragen deuten auf einen Wahlsieg ihres Gegners Macron hin, was die Situation aber nur unwesentlich besser macht, da dieser mit einem neoliberalen Programm des Sozialabbaus in den Wahlkampf gezogen ist. Mit dem Anspruch Reformen nach dem Vorbild Agenda 2010, welche schon in Deutschland zu krassen sozialen Verwerfungen geführt hat, einzuführen stehen die Menschen in Frankreich gerade vor der Wahl zwischen Pest und Cholera.
Dass ein neoliberaler Sozialabbauer und eine Faschistin die Optionen sind, zwischen denen man sich in Frankreich am kommenden Tag entscheiden muss, zeigt, wie weit wir in Europa im Moment von einer emanzipatorischen Politik entfernt sind. Und genau deshalb ist es wichtig und toll, dass wir heute hier gemeinsam ein Zeichen für echte Alternativen setzen.
Der Front National wurde 1972 von Marine Le Peans Vater Jean-Marie Le Pen gegründet und war seit seiner Gründung eine Partei, welche am rechten, nationalistischen Rand fischte. Mit Programmpunkten wie „Frankreich zuerst“, dem Geschwafel von einer französischen Identität und dem Hetzen gegen geflüchtete Menschen reiht sich der Front National nahtlos in die Standardthemen der europäischen Rechtspopulist*innen ein. Der Front National ist allerdings keine 08/15 rechte Partei à la AfD & Co. Denn im Gegensatz zu den häufig wirtschaftsliberal eingestellten Schwesternparteien hat sich die französische Partei auch eine angeblich antikapitalistische Systemkritik zu eigen gemacht. Diese entlehnt sich sowohl konservativ-rechten, als auch zum Teil linken Elementen und vermischt diese zu einer verkürzten Kapitalismus-Analyse. Es wird ein Protektionismus propagiert, der der „guten“ französischen Wirtschaft, „ausländische Heuschrecken“ entgegenstellt. Verschwörungstheorien wie diese, die zwischen raffenden und schaffendem Kapital unterscheiden, befeuern antisemitische Klischees, welche in der französischen Gesellschaft ohnehin schon tief verwurzelt sind.
Ein Beispiel hierfür ist die von Mariene Le Pen verbreitete Behauptung, die das die US-amerikanisch-jüdische Organisation B’nai B’rith durch ihren „Druck“ schuld sei, dass die konservativ-liberalen Rechtsparteien Frankreichs sich nicht mit dem FN verbünden würden. Aussagen wie diese sind es, die den Front National so gefährlich machen. Denn hier wird berechtige Wut über die Widersprüche im herrschenden System auf ein einfaches Feindbild projiziert und so Ressentiments geschürt. An dieser Stelle auch nochmal an die Rassist*innen und Antisemit*innen von Thügida, Endgame und Co. Welche sich diese verkürzte Analyse zu eigen gemacht haben: Wir werden immer da sein und eurer Menschenverachtung tatsächliche Alternativen, einen tatsächlichen Antikapitalismus entgegenstellen. Denn Antikapitalismus ist und bleibt antifaschistisch. Und eine Gesellschaft frei von ökonomischen Zwängen und Widersprüchen kann es nur geben, wenn sie diese für alle Menschen, unabhängig von Nationalität, Hautfarbe, Religion, Geschlecht und sexueller Orientierung ermöglicht.
Zum Abschluss noch ein paar Worte zur EU-Kritik des Front National, welche wir bewusst bis zum Ende dieses Redebeitrags nicht angesprochen haben. Auch wir lehnen die Europäische Union in ihrer Gänze ab. Wir brauchen weder eine nationale, noch eine europäische Identität. Denn identitäre Kackscheisze ist und bleibt identitäre Kackscheisze egal worauf sich das identitätsstiftende Moment bezieht. Und die EU ist nichts worauf wir uns in irgendeiner Art und Weise positiv beziehen möchten. Ein Konstrukt, welches innerhalb und außerhalb seiner Grenzen für die Verelendung von Menschen sorgt und wirtschaftliche Interessen grundsätzlich vor humanistische Grundwerte stellt ist nicht besser oder schlechter als ein bürgerlicher Nationalstaat.
Wir möchten weder, dass an den Grenzen von Nationalstaaten, noch an denen der EU Menschen sterben. Wir möchten weder, dass die Menschen in den europäischen Lagern auf Lesbos und Co, noch in deutschen Abschiebeknästen eingesperrt werden.
Wir möchten eine emanzipatorische Gesellschaft, jenseits von Staat und EU, in der wir unser Zusammenleben gemeinsam mit allen Menschen solidarisch organisieren können. Das wäre eine wirkliche Alternative!
Europe, Frontex and Police, Stop killing Refugees!
Redebeitrag ‚fight2stay‘
Viel ist passiert, seit 2015 die sogenannte „Flüchtlingskrise“ begann. Wir erlebten, wie immer mehr Menschen im Mittelmeer ertranken und die Friedensnobelpreisträgerin ‚EU‘ einfach dabei zuschaute. Wir erlebten die zunehmende Repression, welcher sich die Geflüchteten – die es auf das europäische Festland geschafft hatten – ausgesetzt sahen. Die Internierung eben dieser Menschen in Lager vor allem auf den griechischen Inseln im Zuge des ‚EU-Türkei-Deals‘, militarisierte Grenzanlagen wie in Ungarn aber auch Gesetzesverschärfungen innerhalb der Länder der EU wie das Aussetzen des Familiennachzuges und die unmenschliche Abschiebepraxis in Kriegsgebiete wie Afghanistan sind nur einige Beispiele hierfür.
Und wir erleben ein Erstarken von regressiven, nationalistischen und rassistischen Einstellungsmustern in ganz Europa. Dieser reaktionäre Flashback manifestiert sich sowohl in rechten Parteien wie beispielsweise der AfD in Deutschland, dem Front National in Frankreich oder der Partei für die Freiheit in den Niederlanden, als auch durch Bewegungen wie der IB oder PEGIDA in Dresden. Soweit, so schlecht. Aber das ist nicht alles…
Wir erlebten auch die Zunahme an Solidarität und die Hilfsbereitschaft vieler Menschen. Millionen haben allein in Deutschland ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe gearbeitet bzw. arbeiten noch immer dort um zu versuchen, die Geflüchteten zu unterstützen. Auch erlebten wir, dass durch die Erfahrungen vieler Menschen eine Politisierung großer Teile der Gesellschaft einsetzte.
Viele, welche sich vorher als „unpolitisch“ sahen, kritisierten beispielsweise das europäische Grenzregime, den EU-Türkei-Deal oder die unmenschliche Abschiebepraxis in einer Radikalität, die Mensch vorher nicht für möglich gehalten hatte. Lasst uns diese Chance einer progressiven Politisierung wahrnehmen. Lasst uns gemeinsam Heute auf der Straße ein Zeichen gegen die herrschenden Zustände setzen und sagen: Solidarität muss politisch werden!
Denn die Geflüchteten sind nicht vom Himmel gefallen, sondern sind Teil eines jahrelang betriebenen Neokolonialismus vor allem der europäischen Union. Diese versucht zwar nicht mehr über unmittelbare Unterdrückung ganze Landstriche zu besetzen. Stattdessen wird durch Maßnahmen wie Freihandelsabkommen und der daraus resultierenden Zerstörung der regionalen Marktwirtschaft, Landgrabbing oder auch Waffenexporte eine Abhängigkeit geschaffen, die Leid und Tod für viele Menschen in diesen Regionen mit sich bringt.
Die momentanen Flüchtlingsbewegungen sind also zu großen Teilen die Folge einer neoliberalen und postkolonialistischen Politik der EU. Die sich hieraus ergebenden Krisen versucht die europäische Union (bei nicht unerheblicher deutscher Dominanz) mit noch mehr Neoliberalismus zu beantworten. Da dieser die Krise für die Menschen nicht etwa löst, sondern deutlich verstärkt, verstärken sich auch die Reaktionen vor allem derer, die unter eben diesen prekären Umständen leben müssen. Und allzu oft ist dann leider ein Abfallen in rassistische, nationalistische und andere menschenverachtende Verhaltensmuster die Folge der Angst vor dem erwarteten ökonomischen Abstieg. Und so sind auch die rassistischen Parteien und Bewegungen nicht einfach von jetzt auf gleich erschienen. Und vor allem sind sie, im Gegensatz zum häufig von bürgerlichen Politiker*innen vertretenen Standpunkt nicht der Auslöser von zunehmendem Rassismus, sondern vielmehr deren Folge.
Der Auslöser ist ein vom Kapitalismus anerzogener Futterneid, der die Gesellschaft zu einer Ellenbogengesellschaft gemacht hat. Was wiederum dazu führte, dass viele Menschen Geflüchtete zunächst als Konkurrent*innen um Ressourcen sehen. Um es ganz klar zu sagen: Das rechtfertigt in keiner Weise, dass jemand zum/zur Rassist*in wird. Dass man auch in den momentanen Verhältnissen die Möglichkeit hat, sich individuell anders zu entscheiden, kann man Heute hier an den vielen Menschen sehen, welche sich klar gegen solche Tendenzen und für ein solidarisches Miteinander einsetzen.
Wer also wirklich die oft beschworenen „Fluchtursachen“ und den rechten Flashback bekämpfen will, der muss das neokolonialistische Verhalten der EU kritisieren und bekämpfen. Der muss auch eine neoliberale Politik bekämpfen, die ausschließlich nach Gewinnmaximierung strebt und sich dafür auch nicht zu schade ist, Waffen an menschenverachtende Regime wie Saudi-Arabien oder den Katar zu liefern und so letztlich an jedem Krieg und an jeder Krise mitverdient.
Und es ist auch notwendig, dass wir uns über Grenzen hinweg solidarisch organisieren, um den Rechten in Europa und der Abschottungspolitik der EU den Boden zu entziehen. Kurz gesagt: Es ist notwendig, dass wir Lösungen jenseits von Kapital und Nation finden. Denn nur so können wir den rassistisch reaktionären Krisenlösungen der europäischen Politik etwas entgegensetzen und eine Gesellschaft organisieren, in welcher Menschen solidarisch miteinander leben können! Unabhängig von Merkmalen wie Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht, sexueller Orientierung oder anderer Nebensächlichkeiten.
No Border, No Nation, Stop Deportation!
Redebeitrag auf der NOPE. Demonstration vom 06.03.2017
Wie häufig seid ihr schon in eine so genannte „verdachtsunabhängige Kontrolle“ geraten? Das lässt sich wahrscheinlich an einer Hand abzählen, wenn ihr einen eher hellen Phänotyp habt. People of Color berichten dagegen teilweise von wöchentlichen Kontrollen. Beim Einkaufen, beim Joggen, auf dem Weg zur Arbeit – manchmal sogar mehrmals innerhalb weniger Minuten. Stellt euch vor ihr würdet ständig von der Polizei kontrolliert werden, während andere Menschen unbehelligt bleiben und ihr euch vor Passant*innen nicht rechtfertigen könnt. Was werden diese Menschen über euch denken? Racial profiling ist rassistisch und damit gesetzeswidrig, weil Menschen auf Grund ihres Äußeren in aller Öffentlichkeit kriminalisiert werden. Es reproduziert und manifestiert aber auch Rassismus, dadurch, dass diese Äußerlichkeiten stigmatisiert werden.
Die Folgen sind Ohnmacht und die verstärkte Angst vor Übergriffen. Denn zusätzlich, zu dem Rassismus, der People of Color tagtäglich entgegenschlägt, können sie sich auch nicht auf den Schutz des staatlichen Gewaltmonopols verlassen. Eher im Gegenteil. Erst Anfang Februar ist in Hamburg ein ghanaischer Geflüchteter durch drei Schüsse eines Polizisten schwer verletzt worden. Augenzeugen zu Folge, sollen die letzten beiden Schüsse erst nach längerer Pause auf die bereits am Boden liegende Person erfolgt sein. Hier kann nur von einer klaren Tötungsabsicht die Rede sein.
Dass Rassismus nicht nur bei der Polizei, sondern auch bei der gesamten sogenannten „deutschen Mitte“ Konsens ist, zeigte sich erneut bei der Debatte zum rassistischen Vorgehen der Kölner Polizei zur Silvesternacht 2016/17. Diese hatte knapp 680, als „Nafris“ bezeichnete Personen gekesselt und kontrolliert. Anstatt das diskriminierende Vorgehen der Polizei zu verurteilen, wurde sie von fast allen Seiten für ihren Einsatz gelobt. Nicht zuletzt die AfD forderte einen Ausbau und die bewusste Anwendung von racial profiling. Die Süddeutsche Zeitung schrieb, dass der Polizeieinsatz der Kölner Polizei verhältnismäßig gewesen sei und in der „Welt“ erschien sogar ein Kommentar von Alan Posener unter der Überschrift „Ja zu ‚Racial Profiling‘ – es kann Leben retten“. Es wurde also nicht einmal mehr geleugnet, dass es sich um Rassismus handelte, sondern sogar versucht zu rechtfertigen und für gut befunden. Die gezielte Diskriminierung von Minderheiten, zum vermeintlichen Schutz der Mehrheit, wird also in Kauf genommen, sogar öffentlich legitimiert.
Vor Kurzem hat selbst die UN-Arbeitsgruppe für Menschen afrikanischer Abstammung den strukturellen Rassismus gegenüber Menschen afrikanischer Abstammung in Deutschland kritisiert. Sie bemerkte, dass die Menschenrechte in Deutschland nicht umgesetzt werden und People of Color nicht als besondere Minderheiten anerkannt sind. Auch der alltägliche Wortschatz, der sich unter anderem in postkolonialen Straßennamen widerspiegelt, wurde kritisiert.
Dass Polizeikontrollen im Gegensatz zur weitverbreiteten Ansicht auch anders ablaufen können, zeigt ein Blick nach Spanien. In Fuen Labrada, einem multikulturellen Vorort Madrids, wurde ein System eingeführt, bei dem jede Kontrolle von der Polizei schriftlich begründet und dokumentiert werden muss. Die kontrollierten Menschen erhalten vor Ort eine Kopie. So können doppelte Kontrollen vermieden werden und die Praxis zeigt, dass dies wesentlich zur Verbesserung der Kommunikation der Polizei beigetragen hat. Die Anzahl der Kontrollen hat sich halbiert und das Vertrauen in die Polizei ist gestiegen.
Doch was können wir tun, bis es auch bei uns so weit ist?
Denn auch in Dresden (– Überraschung -) gibt es Fälle von Racial Profiling. Vor Allem im Bereich des Neustädter Bahnhofes, des Hauptbahnhofes und hier auf dem Scheunevorplatz. Wie kann es überhaupt sein, dass die Neustadt zu einer Spielwiese von Rassist*Innen und Faschist*Innen werden konnte? Nicht nur Racial Profiling ist hier Alltag geworden, sondern Nazis können hier ungestört ihre rassistische Hetze kundgeben, Aktivist*Innen und People of Color bedrohen und angreifen ohne Konsequenzen zu befürchten. Laut der RAA Sachsen ist Dresden „Spitzenreiter“, wenn es um die Anzahl rechter Übergriffe geht. Die sich als alternativ präsentierende Neustadt ist dabei eines der Viertel mit den meisten Übergriffen. Erst letzten Monat wurden mehrere Menschen hier in der Neustadt von Nazis angegriffen. Faschos zeigten Hitlergrüße, brüllten „Sieg heil“ und niemand schien sich daran zu stören. Lasst das nicht zu! Holt euch die Neustadt zurück und macht sie wieder zu dem alternativen Viertel, welches es vorgibt zu sein – für ein solidarisches und buntes Miteinander!
Außerdem wenn ihr Kontrollen seht, geht hin und erkundigt euch bei der kontrollierten Person, ob ihr helfen könnt. Seid solidarisch und lasst diese Personen in diesen Momenten nicht allein! Auf der Facebookseite von NOPE. wird nach der Demo ein Link zu einem Leitfaden geteilt. Den könnt ihr ausdrucken und mit euch mitführen.
Denn dass Widerstand erfolgreich sein kann zeigt der Fall von Kanwal Sethi der neulich am Dresdner Verwaltungsgericht entschieden wurde. Er wurde 2014 am Leipziger Bahnhof kontrolliert – er vermutete allein auf Grund seines Aussehens. Das Gericht gab ihm Recht. Nicht zuletzt auch, weil aufflog, dass die Bundespolizist*innen zuvor bezüglich ihrer Aussagen instruiert worden sind und diese aufeinander anpassten.
Also legt den Finger in die Wunde! Macht Fälle von Racial Profiling öffentlich! Solidarisiert euch mit Betroffenen und haltet die Rassismusdebatte solange am Laufen, bis sich in diesem Land etwas ändert!
Siamo Tutti Antifascisti!
Hier noch der bereits erwähnte Link:
http://www.schoener-leben-goettingen.de
Redebeitrag der Gruppe CoA am 27.01.2017 im Rahmen der Holocaustgedenkveranstaltung am Bahnhof Neustadt in Dresden
„Die Forderung, dass Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung. Sie geht so sehr jeglicher anderen voran, dass ich weder glaube sie begründen zu müssen noch zu sollen.“ (Adorno)
„Heute jährt sich zum 72. Mal die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. Dieses Arbeitslager gilt als Synonym für die massenhafte Vernichtung vieler Menschen. Seit 2005 wird an diesem Tag zudem weltweit den Opfern des Holocausts gedacht.
Mittlerweile haben wir kaum noch die Möglichkeit mit Überlebenden der Shoa zu sprechen, welche uns ihre Schicksale hätten weitertragen können. Gerade der jüngeren Generation, die sich weder mit der Rolle ihrer Eltern oder Großeltern in der NS-Zeit noch dem Faschismus selbst auseinandersetzen mussten, fehlt eine intensive Wahrnehmung zu eben jenen Verbrechen und Schicksalen, welche nie in Vergessenheit geraten dürfen. Gerade wir, denen eben oft diese Bindung fehlt, müssen umso mehr gegen ein Vergessen und Verdrängen ankämpfen.
In Zeiten, in denen Rassismus und Antisemitismus wieder einmal in die Mitte der Gesellschaft vordringen, muss unser Gedenken und unser Erinnern umso deutlicher werden. Wir dürfen nicht wegschauen und am Ende wieder von nichts gewusst haben. Unsere Verantwortung, nicht zu Vergessen wird gerade jetzt und gerade hier umso wichtiger.
Dies zeigt unter anderem „Bernd“ Höckes Rede in Dresden vor 10 Tagen. Es verdeutlicht, wie sehr ein Teil unserer Gesellschaft auf dem Weg ist, in alte Denkmuster zurück zu fallen. Eine Partei, die bereits in fast allen Landesparlameten vertreten ist, wettert erneut gegen eine religiöse Minderheit in Deutschland und verhöhnt durch einen immer wieder an die Oberfläche kommenden Antisemitismus die Opfer der Shoa. Immer wieder werden Begriffe, die eng mit eben jenen deutschen Verbrechen verbunden sind, in Stammtisch- und Bierzeltreden an die Öffentlichkeit gebracht und es wird versucht sie wieder „positiv zu besetzen“. Immer wieder führt deren verbaler Radikalismus zu brennenden Häusern oder auch Gewalttaten gegen Menschen, welche nach deren Weltbild nicht deutsch genug aussehen. Immer wieder geht die Saat dieser widerlichen Hetze von Höcke und seinen „aufrechten Kamerad*innen“ auf: „Wir Deutschen sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt hat pflanzen lassen.“, hetzte Höcke auf seiner Rede. Das beängstigende dabei ist, dass diese Rede tatsächlich stehende Ovationen erlangte…Viel schlimmer noch: diese Partei hat bei der Bundestagswahl 2017 mehr als nur gute Chancen auf ein zweistelliges Wahlergebnis. Dies ist erschreckend, besonders wenn man die Aufstiegsgeschichte Hitlers rückverfolgt. Was während der Zeit des Nationalsozialismus passiert ist, ist und soll einmalig bleiben. Doch die Zeichen dafür stehen schlecht.
Wiederholt wird dieser Tag, welcher im Zeichen des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus steht, von Populist*innen und Rechtsgesinnten dafür missbraucht, um den gefallenen Nazisoldat*innen zu gedenken. Der Opferkult wird von Neonazis gefröhnt und drängt dadurch das Gedenken an die eigentlichen Opfer, und zwar die Opfer des Holocausts, sukszessive in den Hintergrund. Diesen Kult beobachten wir in Dresden leider schon seit einigen Jahren. Jährlich um den 13. Februar ziehen Faschist*innen durch die Straßen und erinnern an den sogenannten Bomben- Holocaust und deren Opfer. Der Opfermythos in Dresden, ehemaligen Residenz- und Kulturhauptstadt, ist weit verbreitet. Was kann denn Dresden, ja ausgerechnet Dresden, für den Krieg? Viel! Auch hier wurden Menschen missachtet, vertrieben und ermordet. Auch hier vertraten (und vertreten) Menschen eine verachtende Weltanschauung und wählten einen rassistischen Idioten. Die Frage ist also: Warum nicht Dresden? Es führte endlich zu einen viel zu späten Ende des Krieges. Ein Holocaust- Überlebender erinnert sich: „Wir weinten vor Freude, als wir den roten Schein am Himmel sahen. Dresden brennt, die Alliierten sind nicht mehr weit!“
Wir sind heute hier, um den Opfern des Holocaust zu Gedenken. Doch der Februar naht. Werdet aktiv und bringt euch ein.
Kein Vergeben, kein Vergessen“
Redebeitrag der Gruppe CoA zum Thema „Bautzen“ auf der NOPE-Demonstration am 09.01.2017