Nachtrag zur ‚Fight2Stay‘ Demonstration vom 20.03.2017
Hallo ihr lieben Menschen,
bevor uns der nächste Montag ein holt, hier ein Nachtrag zur Fight2Stay Demo.
Durch unsere Dublin4Never Aktionswoche sind wir leider bis jetzt noch nicht dazu gekommen, die Demo zu reflektieren. Es gab Gutes und leider auch Schlechtes an diesem Tag. Doch fangen wir mit dem Positiven an.
Wir empfanden das Klima auf unserem Protest gegen die aktuelle Flüchtlingspolitik sehr entspannt. Nicht zuletzt entstand dies durch das Auslassen eines Aufeinandertreffens mit den PEGIDA-Anhänger*innen.
Wir hörten viele interessante Redebeiträge, mal jenseits des Themengebietes von PEGIDA und anderen rechten Bewegungen. Die Links zum Nachlesen werden noch folgen!
Des weiteren begrüßten wir es, auch neue Gesichter auf dem montäglichen Protest willkommen zu heißen. Leider erreichten wir nicht jene Menschen, um die es sich in der Dublin4Never Aktionswoche hauptsächlich drehte.
Trotz der verhältnismäßig geringen Teilnehmer*innen Zahl, empfanden wir die Demonstration als lautstark und umgeben von einem tollen Klima.
Wenden wir uns nun den nicht so schönen Dingen zu.
Mit einer kleinen Verspätung, startete die Demo am BAMF Richtung Job-Center. Wir liefen an einem großen, langen Häuserblock vorbei. Von da schauten viele Menschen vom Balkon auf uns herab. Dies hinterließ ein eher mulmiges Gefühl, denn es waren keine uns friedlich gesinnten Blicke. Ausdruck verliehen wurde dem Ganzen durch das Werfen von Erdbeeren. Auch wenn es lustig erscheint, äußerte sich der Unmut der Bewohner*innen noch mit einem Böllerwurf, welcher inmitten unserer Demo detonierte. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn dieser beispielsweise in einer Kapuze einer*s Aktivist*in gelandet wäre. Die Aussage der Polizei Sachen hierzu: „Unsere Kollegen haben in dem Moment die Balkone nicht im Blick gehabt. Wir wissen nicht woher der gekommen ist.“ Und damit war die Sache für die Beamt*innen erledigt. Wir kritisieren ein weiteres mal das Verhalten der Polizei. Es kann nicht sein, dass ein Tritt gegen ein Auto, geahndet wird, als wäre es das Schlimmste, was ein Mensch tun könnte. Wenn sich aber Menschen tatsächlich in einer bedrohlichen Lage befinden, hat das Organ für Sicherheit und Ordnung nichts gesehen.
Die restliche Demonstration verlief ohne weitere Zwischenfälle. Über die Ausländerbehörde und den Landtag endete die Demonstration am Carolaplatz. Wir haben uns über jede*n Teilnehmer*in gefreut. Ein besonderer Dank gilt Black Wok für das bereitstellen von Tee.
Fight to stay! – Solidarität muss politisch werden
Reichspogromnacht – Stolpersteinputzen
Am 09.11 begaben wir uns auf die Straße, um durch das Putzen eines Stolpersteins und eine Mahnwache am 78. Jahrestag der Reichspogromnacht den Opfern des Holocaust zu gedenken. Am 09. und 10.11.1938 kam es zu Pogromen im nationalsozialistischen Deutschland, welche sich hauptsächlich gegen jüdische Menschen richteten.
Jüdische Geschäfte, Friedhöfe und Synagogen wurden zerstört und geschändet. Im Zuge dieser menschenverachtenden Gewaltmaßnahmen kam es zur Deportation von mehreren zehntausend Menschen jüdischen Glaubens in Konzentrationslager. Vor allem in Zeiten wie diesen, in denen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit durch Akteur*innen von CDU, AfD, PEGIDA und Co. salonfähig gemacht wird, fanden wir es wichtig, uns nicht wie die deutsche Mehrheitsgesellschaft in einem nationalistischen Freudentaumel aufgrund des Jahrestages des Mauerfalls zu begeben. Stattdessen wollten wir daran erinnern, dass es unsere Pflicht ist dafür zu sorgen, dass „Auschwitz nie wieder sei“*.
Hierfür versammelten wir uns am Stolperstein von Kurt Schlosser um ihn zu reinigen, Blumen und Kerzen niederzulegen, eine kurze Biografie zu verlesen und eine Schweigeminute abzuhalten. Kurt Schlosser war ein deutscher Kommunist und Antifaschist, welcher aktiv im Untergrund gegen Nazideutschland kämpfte. Aufgrund seiner Aktivitäten wurde er zum Tode verurteilt und am 16. August 1944 in Dresden ermordet.
Nach unserer Mahnwache suchten wir noch einige andere Stolpersteine auf, um auch anderen Opfern der Nazidiktatur gedenken zu können. Mit Erschrecken mussten wir feststellen, dass einige Gedenkstätten verwüstet, Kerzen und Blumen zertreten und bereits geputzte Stolpersteine bewusst verschmutzt wurden. Diese wurden selbstverständlich von uns wieder in einen der Opfer würdigen Zustand versetzt. Erfreut hat uns hingegen die Tatsache, dass an vielen Stellen Menschen standen, um diesem geschichtsträchtigen Tag einen würdigen Rahmen zu geben und mahnend an die Opfer zu erinnern.
Unterdessen haben sich mehrere beherzte Menschen mit Blumen und Kerzen einem Autokorso rechter Trump-Anhänger*innen, welcher von Nico Chawales – einem bekennenden PEGIDA-Anhänger und Antisemiten – initiiert wurde, in den Weg gestellt. Dieser stockte zunächst und musste letztlich umkehren. Wir freuen uns über diese Aktion, die gezeigt hat, dass ein hupender Autokorso mit Deutschlandfahnen gerade an einem solchen Tag nichts auf der Straße verloren hat.
Vielen Dank dafür, euch gehört unsere Solidarität.
Nie wieder Faschimus!
* Theodor W. Aorno – Erziehung nach Auschwitz (1966)